Epistemologische Ausführung der Heisenbergschen Relation

Was halten wir für den Zufall? Einem Ereignis "Zufall" gehört die Freiheit aus einer Polarität im Sinne: "etwas neues geschieht" (Anwesenheit des Zufalls) oder "etwas neues geschieht nicht" (Abwesenheit des Zufalls). Gibt es darauf eine entscheidende Erklärung für den Unterschied zwischen "etwas neues geschieht" und "etwas standardes geschieht"? Hängt sie von der Struktur des Ereignisses "Zufall" ab? Beim radioaktiven Zerfall zum Beispiel wandeln sich instabile Atomkerne in andere Kerne um. Die spontane Umwandlung von einem Element in ein anderes wird dabei als ein Ereignis ohne Ursache erfaßt. Dort ist also ein zufäliges Ereignis! Diese Beurteilung drückt den Stand der Quantentheorie aus. Er ist aber problematisch! Warum? Es ist wohl bekannt, daß von einem Gramm Radium nach 1600 Jahren genau die eine Hälfte zerfallen ist. Wie sich nun Schlüsse auf das Verhalten der einzelnen Atome ziehen lassen? Dabei ist ein kolossales Geheimnis: das Alter eines Atoms ist mit keinem physikalischen Gesetz bestimmt. Daraus ist das Problem: woher ist eine Zielgerichtetheit als eine Tatsache aus der Erfahrung? Eine einzige logisch mögliche Voraussetzung klingt deprimierend. Sie erklärt nichts: "etwas neues" (= das ausgesandte Teilchen aus dem Kern) in der Aussage "etwas neues geschieht" und "etwas standardes" (= das passive Teilchen in dem Kern) in der Aussage "etwas standardes geschieht" sind nur verschiedenartige Elemente des Zufalls in der Freiheit. Aber: die Polarität des Ereignisses "Zerfall" gibt auch den Satz: (i) "etwas neues geschieht" impliziert das Verbot für die Abwesenheit des Zerfalls; und (ii) "etwas standardes geschieht" impliziert das Verbot für die Anwesenheit des Zerfalls. Also: woher kommt das Verbot? Es ist (nach einer Entstehung der "Freiheit") einfach ein Befehl aus dem ontologischen Programm für den Zufall. Eine Unfreiheit aus diesem Programm ist die Bedingung der Zielgerichtetheit in diesem Naturspiel. Also: der Zustand "Freiheit in dem Zufall" wird darauf von dem Befehl aus der Unfreiheit in dem Programm für den Zufall überwacht. Die wichtigste Frage nun lautet: sind wir fähig die Existenz des Ereignisses "Verbot" legalizieren? Es darf mehr nicht im Nebel der Unbestimmtheit bleiben! Die Ereignisse "Zufall" und "Zerfall" herstellen notwendigerweise eine Konjuktion in der Heisenbergschen Relation. Sie ist mehr nicht ein Hindernis für den Ausweg aus dem Problem: die Idee um das Verbot aus dem Hintergrund der Physik kann weiter als eine notwendige Bedingung für das Naturereignis gedacht werden. Sie eröffnet eine Möglichkeit des Verständnisses. Warum? Das Verbot kann planmäßig nur aus der Notwendigkeit geliefert werden. Dort ist keine Demokratie, keine Freiheit, keine Ungewißheit, keine Beliebigkeit, keine Unrichtigkeit, usw! Also: unsere Welt mit den Unschärferelationen in der Freiheit entspringt aus einem totalen Determinismus: von dort empfangen wir das Geschenk des freien Willens mit der Existenz der Unbestimmtheit im Bereich der Quantentheorie. Eine unvollständige Theorie aus dem Stand der Notwendigkeit ist jetzt vollständig nach dem Stand aus der Kontingenz. Ontologische Aktivität aus dem notwendigen Programm für das Wissen geht allerdings der Physik voraus. In diesem Sinne ist alles im voraus bekannt. Dies gilt natürlich für die Welt der Kontingenz nicht. Andererseits: jede Richtung und jeder Ort in jedem Nu der Aussendung des Teilchens aus dem Kern gehören nur einem exakten “Element” der universellen Sprache in der Sendung aus dem Programm der notwendigen Vernunft. Diese Sprache schildert die Gesamtheit des Geschehens im Bereich der Notwendigkeit. Ihre Verschleierung ist aber eine Bedingung der Existenz. Sie ist unheimlich als eine unüberwindbare Macht, die steuert entscheidend mit allem aus der Gleichheit ontologischer Welt mit denkendem Geist.

Die Heisenbergsche Unschärferelation ist solcherweise nur eine Verbindung unserer Lage in der Kontingenz mit ihr.

Das Wissen entsteht als das Ergebnis einer Erkenntnis (recognition) in der Vernunft, nicht als ein Ergebnis der Kenntnis (cognition) aus der Vernunft. Diese These (Cassirer, Russell, ...) wurde von mir schon verteidigt. Sie entsprang aus einer Analyse der Schwierigkeiten in der Kontingenz nach ihrer Teilung mit der Notwendigkeit. Die Frage der Relation zwischen Kenntnis und Erkenntnis blieb damals ohne triftige Erläuterung im Bereich der Kontingenz. Es ist jetzt zu erweisen: die Heisenbergsche Unschärferelation taucht anfangs aus dem Geist, nicht aus der Physik, auf. Also: erst als eine geistige Ungewißheit drückt sie zugleich eine physikalische Unbestimmtheit aus.

Die Grundthese jetzt lautet: ein konjugiertes Größenpaar “a” und “b” aus der Außenwelt schafft ein Spiel zwischen Innenwelt (= geistig) und Außenwelt (= ontologisch) der Vernunft. Wie?

Die mögliche Kenntnis K(a) als die Ungewißheit der Erkenntnis δE(b)

K(a) = δE(b)

und die Ungewißheit der Kenntnis δK(a) als die mögliche Erkenntnis E(b)

δK(a) = E(b)

führen zum Satz

– Wahrscheinlichkeit einer Kenntnis von einem Ereignis „a“ spricht praktisch von einer Wahrscheinlichkeit der Ungewißheit in der Erkenntnis von dem konjugierten Ereignis „b“.

Der mathematische Ausdruck dieser These

W(K(a)) = K(a) / δK(a) = δE(b) / E(b) = W(δE(b))

bietet eine interessante Form

δK(a) δE(b) = K(a) E(b)

für den weiteren Vorschlag.

Die physikalischen Größen a und b (außerhalb der Vernunft) sind die Ergebnisse der Umwandlung (durch eine ontologische Abbildung) der denkenden Größen K und E im Sinne

a = K(a), zum Beispiel: Ort im Raum = Kenntnis des Orts im Raum

und

b = E(b), zum Beispiel: Impuls im Raum = Erkenntnis des Impulses im Raum

oder umgekehrt.

Alle Gleichungen führen uns so leicht zur Relation

δa δb = ab = H = Konstante

die der Form der Heisenbergschen Relation

δx δp = h

nach dem Tausch (a = x = die Position des Teilchens, b = p = der Impuls des Teilchens, und a b = die Plancksche Konstante = h) entspricht. Dabei ist eine Messung des exakten Ortes x des Teilchens im Raum abhängig von einem Extremwert der verkleinerten Wellenlänge λ des Lichts. Und eine solche Lokalisation des Teilchens in einem Nullpunkt 0(x) des Raums ist klar physikalisch unerreichbar. Also: der Impuls p = h/λ und die Position des Teilchens x = λ mit der Genauigkeit dieser Position δx ≥ λ implizieren

δx δp ≥ h

So wenn zwei verschiedene Bestimmungsprozeduren in dem Verhältnis zueinander stehen, bedeutet eine "vollständige" Erkenntnis für die eine Größe zugleich ein Mangel der Kenntnis für die andere. Dabei ist natürlich vollständige Erkenntnis einer Größe physikalisch ausgeschlossen. Können wir in diesem Sinne von dem physikalischen "Zerfall" in der Genauigkeit der möglichen Erkenntnis zu sprechen? Ist dort ein Raum für das Verständnis des Zerfalls der Atome? Ein Physiker glaubt aus vielen Gründen, daß gibt keine Ursache für den Zerfall der Atome. Er ist bei diesem Stand streng begrenzt. Es ist klar: "aus vielen Gründen" bedeutet "aus möglichen Informationen" der Physik. Dürfen wir aber das notwendige Wissen "aus unmöglichen Informationen" im Namen der Physik ausschließen? Ist die Zielgerichtetheit der unempirischen "Physik" genug für eine Ablehnung der physikalischen Tatsache? Den Bohr und Heisenberg zufolge sind Atome mehr keine Dinge oder Gegenstände. Sie sind nur "Bestandteile von Beobachtungssituationen, Bestandteile, die für eine Analyse der Phänomene einen hohen Erklärungswert besitzen". Warum? Heisenberg sagt klar: sie stellen eher das Mögliche als das Faktische dar. Diesem geht mein Einwand: wenn etwas existiert und zugleich existiert nicht, dann muß auch die Sprache der Physik die mathematischen Symbole anwenden, mit denen aber eine Feststellung der Quantentheorie entspricht der Physik mehr nicht. Dies ist allerdings in Übereinstimmung mit Kant: "Die Experimente, die der Physiker anstellt, müssen zunächst immer in der Sprache der klassischen Physik beschrieben werden, da es anders gar nicht möglich wäre, dem anderen Physiker mitzuteilen, was gemessen worden ist". Also: Physik dürfte nicht allein mit sich selbst bleiben und alle Schwierigkeiten mit sich selbst ertragen. Ist es annehmbar? Der Ausweg ist einfach! Wir müßten nur anzunehmen: "etwas physikalisch existiert" gehört der Physik und "etwas physikalisch existiert nicht" (= "etwas ontologisch existiert") gehört dem ontologischen Korrelat der Physik. In diesem Falle ist eine Auflockerung des Kausalgesetzes überflüssig und ein ontologisches Programm für den Zerfall der Atome aus dem Hintergrund der Physik (als eine Erklärung für die Zielgerichtetheit) mit den Mitteln mathematischer Logik gesucht werden kann. Ein solcher Erfolg der Vernunft wäre aber sehr gefährlich! Die Entschleierung der Sprache mit der die Notwendigkeit wirkt ist keine Verbindung mit der Kontingenz. Eine beliebige Ausdehnung der Freiheit in der Kontingenz ist unerträglich für die Unfreiheit der Notwendigkeit. In diesem Konflikt ist das Ende des Weltalls. Natürlich, als Folge des vollständiges Wissens, mit dem die Verschwindung des Wirkungsquantum verbunden ist.

Jetzt ist alles vorbereitet für einen Vergleich der Begriffe "Kenntnis" und "Erkenntnis" in den Bereichen der Notwendigkeit und der Kontingenz.

Die Welt der Notwendigkeit weiß natürlich nichts von dem Unterschied zwischen „Kenntnis“ und „Erkenntnis“. So das Urteil mit den zwei Negationen in seinem Kern

– weder Kenntnis noch Erkenntnis sondern notwendige Einigkeit „Kenntnis = Erkenntnis“ –

opponiert der aristotelischen Logik nach dem Anspruch aus der notwendigen Logik Gottes.

Total anders ist bei der kontingenten Vernunft. Dort ist eine vollständige Erkenntnis unmöglich: sie partizipiert in der Ungewißheit der Kenntnis. Aber: eine Eroberung der vollständigen Erkenntnis und der vollständigen Kenntnis beendet mit der Abschaffung der Ungewißheiten . Unter diesen Umständen haben wir eine Relation

δa = 0, δb = 0 implizieren h = 0

die der Zerstörung des Weltalls führt. Das ist ein Sturz in die Hölle mit der Entstehung der ewigen Furcht.

Was ist dann alles in allem ein Teilchen, das physikalisch existiert und zugleich existiert nicht? Es existiert zugleich als ein physikalisches Ding und als eine nichtphysikalische Welle oder eine Spur der Information: das ontologische Ding auch existiert! Ist es ein Paradoxon? Die Antwort lautet kategorisch: Nein! Es ist notwendigerweise eine Konjuktion zwischen Geist und Materie! Der Begriff "Mathematik" (aus einer ontologischen Objektivität, die von der Vernunft gedacht werden kann) ist ein Teil der Wirklichkeit, die der Physik gehört nicht. Also: ein solcher Begriff existiert im Bereich der Wirklichkeit, die der physikalischen Wirklichkeit die Bedingung ihrer Existenz vorbereitet. Und er muß mit der Physik verbunden sein. Ohne diese Hilfe wäre Physik mit den unüberwindbaren Schwierigkeiten belastet. Also: die Wirklichkeit der Physik und die Wirklichkeit des Geistes sind gleichwertige Pole einer universellen Existenz. Die Frage der Priorität ist nur in einem Sinne entbehrlich: die Welt der Physik ohne die Welt der ontologischen Unterlage unmöglich wäre und unverständlich bliebe. Die denkende Vernunft hängt von der nichtdenkenden Ontologie ab. Und umgekehrt. Ist es ein Dilemma? Diese Frage hängt von der wissenschaftlichen Ehrlichkeit ab!



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